„Haben soziale Medien zu viel Macht?“

Bericht Burschungsvortrag 

Mit dieser Frage wurde die Corona im Rahmen des Burschungsvortrags konfrontiert, der am 12.05.2023 stattfand. Unsere Füxe Althea und Izumi stellten an diesem Abend ihre Präsentation zum Thema „Licht und Schattenseiten sozialer Medien in Politik, Wirtschaft und Alltag“ vor.

Um diesen einleitenden Gedanken zu verdeutlichen, stellten die beiden eine Box im großen Saal auf, in die man während des Vortrags freiwillig sein Handy hineinlegen konnte. Auch während der köstlichen Stärkung mit Rahmspinat Gnocci wurde die Corona bereits durch einen persönlichen Bezug in das Thema eingeführt. Auf vorbereiteten roten, gelben und grünen Kärtchen wurde jede und jeder eingeladen, eigene Erfahrungen mit den sozialen Medien zu reflektieren:

  • „Dein größter Vorteil durch soziale Medien“
  • „Dein liebstes/ meist benutztes soziales Netzwerk“
  • „Eine schlechte Erfahrung mit sozialen Medien“

Um von einem gemeinsamen Verständnis sprechen zu können, wurden soziale Medien als „Plattformen, die es Nutzern ermöglichen, sich im Internet zu vernetzen, sich also untereinander auszutauschen und mediale Inhalte einzeln, in einer definierten Gemeinschaft oder offen in der Gesellschaft zu erstellen, zu diskutieren und weiterzugeben“ definiert. Trotz der von der University of Pennsylvania (2018) empfohlenen Nutzungsdauer von 30 Minuten täglich, verbringt die deutsche Bevölkerung durchschnittliche 1 Stunde und 29 Minuten in sozialen Medien (Digital 2022 Report für Deutschland von Hootsuite und We Are Social). 

Der Titel der Präsentation verrät bereits die aufgegriffenen Schwerpunkte: Zunächst wurden politische Aspekte im Zusammenhang mit sozialen Medien angesprochen. Hierbei ist das sogenannte Microtargeting von Bedeutung, da dabei Personen personalisiert und gezielt durch digitale Informationen angesprochen werden können. Somit können politische Akteur*innen Informationen zur eigenen Person oder zu politischen Themen gezielt platzieren. Social-Media-Kanäle dienen also auch als Kommunikationsmittel, die es Personen in der Politik ermöglicht, sich verstärkt und niedrigschwellig nach außen zu vertreten, was besonders während Wahlen von Vorteil sein kann. Außerdem kann jede Person die eigene politische Meinung ebenfalls über die sozialen Medien kundtun. Allerdings besteht hierbei auch die Gefahr des „Cancel Culture“, wobei das vermeintliche Fehlverhalten von v.a. prominenten Personen und Politiker*innen öffentlich online geächtet wird. Am Beispiel von Donald Trump wurde weiterhin argumentiert, dass Politiker*innen durch ihre Präsenz in den sozialen Netzwerken an Ernsthaftigkeit verlieren könnten, z.B. durch hetzerische und fälschliche Nachrichten. Auf diese Weise kann die Wirklichkeit verzerrt werden. Eine Regulierung bzw. Kontrolle von Plattformen gestaltet sich als schwierig. 

Gerade junge Menschen informieren sich zudem hauptsächlich über die sozialen Medien zu politischen Geschehnissen. Dabei bewegen sich Nutzende häufig in sogenannten „Bubbles“, d.h. Filter-Blasen des persönlichen Informations-Ökosystems“ (Eli Pariser), die durch Algorithmen entstehen. So gelangt man hauptsächlich an Informationen, die bereits den eigenen Ansichten und Vorlieben entsprechen. Nutzende könnten durch diese Bubles daher stark polarisiert werden und ein möglicherweise entstehender öffentlicher Diskurs kann verloren gehen.

Durch soziale Netzwerke gelingt die Vernetzung zwischen Parteien und ihrer Wählerschaft sowie zwischen Wählenden untereinander viel einfacher. Der Inhalt kann dabei sehr ungefiltert sein. Dies bringt durch die einfache Kommunikation jedoch auch mögliche Radikalisierungen mit sich. Immerhin sind politische Diskurse von einer viel größeren Möglichkeit zur Teilhabe aller geprägt. Durch z.B. die Bewegung „Black Lives Matter“ ist bemerkbar, dass soziale Medien außerdem eine starke Mobilisierungsfunktion haben, wobei Nutzende aktiv zu Handlungen bewegt werden können. Soziale Netzwerke tragen zudem dazu bei, dass politische Entscheidungen transparenter gemacht werden können. Allerdings sind Algorithmen in den sozialen Medien nur schwer nachvollziehbar, an Werbung und damit auch an Profit geknüpft, weshalb wiederum Transparenz und Regulierung verringert wird.

In wirtschaftlicher Hinsicht bieten soziale Medien Unternehmen in der Wirtschaft die Chance, nach dem ökonomischen Prinzip zu arbeiten. Um dies zu verwirklichen, werden soziale Medien als Werbeplattformen für Marketing genutzt, wobei Likes, Kommentare etc. von Nutzenden zur Marktanalyse dienen. Außerdem werden einzelne Personen, Influencer*innen, eingesetzt, um Kundschaft durch Werbung anzusprechen. Auf diese Weise kann mit der Kundschaft kommuniziert und eine Bindung zu dieser hergestellt werden, auf Beschwerden kann schnell und öffentlich reagiert werden. Produkte können durch Feedback verbessert und der Bekanntheitsgrad auf dem Markt kann rasant gesteigert werden, wobei „Likes“ eine große Rolle spielen. Bei der Nutzung von Online-Kanälen müssen sich Unternehmen allerdings an die rechtlichen Grundlagen für social Media halten, wie z.B. an das Marken- und Urheberrecht oder den Datenschutz. Zudem können die sozialen Netzwerke dazu beitragen, dass sich sogenannte Negativwerbung für Unternehmen sehr schnell im Internet verbreitet und sich Nutzende von anderen stark beeinflussen lassen, wie durch negative Rezensionen. Auf die „Shit-Storms“, die dadurch ausgelöst werden, kann eine Welle aus Kritik folgen, weshalb die Verwendung von Werbung in den sozialen Medien auch als riskant angesehen wird.

Für private Nutzende hat die nutzerspezifische Werbung zu Folge, dass häufig Dinge durch Online-Kauf konsumiert werden, die eigentlich nicht benötigt werden. Auch das Sammeln von privaten Informationen, wie z.B. der politischen oder sexuellen Orientierung, ist als nachteilig anzusehen. Damit stellen soziale Medien in der Wirtschaft eine viel höhere Relevanz für Unternehmen als für Nutzende dar, da Unternehmen für ihren Erfolg soziale Medien in Anspruch nehmen.

Die wirtschaftlichen und politischen Aspekte der sozialen Medien tragen ebenfalls zum Aspekt „Alltag“ von Nutzenden bei. Allerdings wurde von Althea und Izumi unter dem Alltagsaspekt social Media ebenfalls als Unterhaltungsmittel betrachtet. Diese Unterhaltung findet auf Kommunikationsplattformen wie Instagram, TikTok sowie Gaming Portalen und Streaming Plattformen statt.

Positiv zu beurteilen ist hierbei der schnelle und einfache Kontakt, der zu Familie und Freunden gehalten werden und damit Beziehungen stärken kann. Zudem ermöglicht das Internet das Kennenlernen von Menschen weltweit. Wie bereits hinsichtlich der Politik erwähnt, sind soziale Netzwerke Plattformen, die positive Bewegungen rasant starten können, wie z.B. die #MeToo-Bewegung. Außerdem können sich auf diese Weise leicht Communities finden, worin die Menschen ähnliche Herausforderungen oder Erfahrungen teilen, um sich gegenseitig zu unterstützen. Da das Internet auch als Informationsquelle gilt, ist die Möglichkeit der Weiterbildung durch Social Media ebenfalls als positiv zu Betrachten.

Demgegenüber steht jedoch der große Einfluss von sozialen Netzwerken, was besonders bei jungen Menschen in Entwicklungsphasen gravierende Auswirkungen haben kann. Konkret heißt das, dass hierdurch das Selbstbild, die Psyche und das realistische Weltbild von Jugendlichen negativ beeinflusst werden kann. Laut der Krankenkasse DAK sind zudem immer mehr junge Menschen von einer Sucht nach Social Media betroffen. Während der Corona-Pandemie war das Suchtpotential deutlich erhöht, da der Medienkonsum häufig als eine Kompensation von Einsamkeit und Stress diente. Folglich kann z.B. ein Rückzug aus dem Sozialleben und anderen Lebensbereichen, ein Vernachlässigen der körperlichen Gesundheit oder Entwicklungsstörungen bei Jugendlichen entstehen. Wichtig zu erwähnen ist zudem das erhöhte Potential von Depressionen, da sich Nutzende in den sozialen Netzwerken in perfekten Scheinwelten bewegen und sich damit mit anderen vergleichen, wodurch sozialer Druck entsteht. Menschen werden durch diese Nutzung von Reizen und Informationen überflutet, was auf Dauer das Wohlbefinden reduziert und zu depressiven Symptomen führen kann. Diese können bis hin zu Suizidgedanken führen. Schließlich ist es in sozialen Medien durch die gewährte Anonymität ein Leichtes, Opfer von Cyber-Mobbing oder Hasskommentaren zu werden, da das Realitäts- und Schamgefühl vieler Menschen verloren geht, die negative Kommentare verbreiten, da die Hemmschwelle in der virtuellen Welt als niedriger angesehen wird.

Zusammenfassend schlossen Althea und Izumi, dass die Schattenseiten sozialer Meiden im Alltag deutlich überwiegen, ein Verzicht deren dennoch realitätsfern ist. Deshalb ist es ratsam, den Konsum zu verringern und für Kinder und Jugendliche Regeln zu bestimmen.

Nach dieser sehr gelungenen und ansprechenden Präsentation, die mit wenig Text und prägnanten Bildern gestaltet war, ging die Corona in eine Diskussion über. Hierbei wurden die Beobachtungen der anfangs ausgefüllten Kärtchen aufgegriffen. Dank der eingebrachten Leitfragen unserer beiden Füxe war die Diskussion sehr lebendig und einige BbBb nahmen die Zügel auch selbst in die Hand, um neue Perspektiven darzulegen. Nach dem BC wurden Althea von ihrem Leibburschen Flip und Izumi von ihrem Leibburschen Lettera erfolgreich in den Burschensalon getragen. Der Abend klang schließlich mit guten Gesprächen und einer Fidulität aus. Mit einem großen Lob gratulieren wir den beiden herzlich zu ihrer Burschung!

Auch jetzt im Nachhinein nochmals einige Leitfragen als Gedankenanstoß:

  • Rein profitorientierte Quasimonopole schaden unserer Demokratie?
  • Influencer*innen machen uns alle zu Konsumopfern?
  • Alles nur fürs Image, nicht fürs Genießen?
  • Können online Kontakte reale ersetzen oder kompensieren?
  • Bin ich süchtig nach Sozialen Medien?
  • Das Leid der Welt ist mir zu viel.
  • Der Staat muss die Plattformen regulieren?

— Autoren: BbBb Lettera und Flip